Die Flucht von Breslau nach Niederbayern


Der Schreiber dieser Zeilen geht in seinem Dorf ziemlich regelmäßig einmal in der Woche zum Stammtisch ins Wirtshaus. Er kommt als „Zugereister“, doch seit mehr als 25 Jahren hier wohnend, mit einem richtigen „Niederbayern“ ins Gespräch. Dabei stellt sich heraus, daß der Vater von K.S. aus Breslau stammte, als Jugendlicher die Feste Breslau bis zum Schluß mit verteidigen mußte, dann in russische Gefangenschaft geriet, erst 1949 freigelassen wurde und danach seine Familie in diesem Dorf in Niederbayern wiederfand. Seine alte Tante hat jetzt in einem 5 seitigen Brief die Flucht von Breslau nach Niederbayern für ihre Familie und ihren Neffen dokumentiert und aufgeschrieben. Damit diese Erlebnisse nicht vergessen werden. An der Schrift erkennt man die Gefühle und die Mühe der „alten Dame“ das Erlebte nochmals zu Papier zu bringen. K.S. hat mir, sein Vertrauen schätze ich sehr hoch ein, diesen Brief zum Lesen gegeben, aus dem ich auch berichten darf.

Flucht aus Breslau Erlebnisgeneration Aus dem Brief der alten Dame E. L. an ihren Neffen K.S. . Es ist ihr sichtlich schwer gefallen, ihr Erlebtes niederzuschreiben. Es hat ihr viel Kraft und Überwindung gekostet, was man sicherlich aus diesen wenigen, von mir eingeblendeten, Sätzen erkennen lassen.

Inhaltlich schildert sie die Flucht mit ihrer Familie aus Breslau zunächst nach Görlitz. Sie war 12 Jahre alt. Die erbärmlichen Verhältnisse der Unterbringung unterwegs, den brennenden Himmel, als 1945 alliierte Bomber Dresden zerstörten und in ein Flammenmeer verwandelten. Bis Görlitz konnte man den Feuerschein sehen. Sie berichtet von schweren Übergriffen der Russen auf Deutsche, die ihnen in die Hände fielen, die Vergewaltigung der Frauen, aber auch über anständige Russen, die halfen und schützend vor sie stellten. In Niederbayern wohnte die vierköpfige Familie dann zunächst in einem Zimmer, das eher einer Abstellkammer im Kuhstall glich, dann bis 1956 in zwei Zimmern. Sie hatten nichts. Ihre Sätze zu der alten Tasse gehen mir, dem Leser, unter die Haut.

Aber ähnliche Erfahrungen kann ich persönlich machen. Als 5 Jähriger war ich mit meinen Eltern noch 1951 im alten Bunker am Bahnhof in Wanne-Eickel untergebracht. Licht gab es nur durch Schießscharten. Es war ein richtiges Rattenloch. Womit meine Eltern heizten weiß ich nicht mehr. Beim Spielen mit meinem Vater fiel ich in eine Petroleumflasche, mit Splittern im Kopf wurde ich uns Krankenhaus gebracht. So ging es Jahre weiter, erst 1 Zimmer, dann 2 kleine unter einem Dach mit Wasser und Toilette mit mehreren Familien auf dem Flur. Hilf dir selbst war die Devise im Ruhrpott, sonst nichts. Vater, auch er ein Schlesier, fuhr täglich 40 km mit der Bahn zur Arbeit, Mutter verdiente mit Heimarbeit hinzu. Wir Kinder spielten in den Trümmerfeldern.

J.H.

 

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2 responses to this post.

  1. Posted by AFD-Wählerin on 18. November 2014 at 15:33

    Vielen Dank für diesen Beitrag, lieber Runder Tisch Dingolfing.

    Die Versuche von Politik und Medien, das Leid der deutschen Vertriebenen mit den heutigen sog. Flüchtlingen gleichzusetzen, sind an Ignoranz und Impertinenz nicht zu überbieten.

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  2. Posted by Senatssekretär FREISTAAT DANZIG on 18. November 2014 at 10:56

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